Update September 2020, zum korrekten Vorgehen beim Inverkehrbringen von Produkten nach dem BREXIT
Zum Einstieg: Ergänzend zu unserem Beitrag Warenimporte zwischen dem UK und der EU ab Januar 2021 wurden mit 1. September weitere Leitlinien seitens der britischen Regierung veröffentlicht, über welche wir zusammengefasst informieren möchten.
Update September 2020
Vorweg: Sind Produkte bereits am britischen Markt in Verkehr gebracht, sind keine weiteren Maßnahmen erforderlich.
Im Abkommen zwischen der EU und Großbritannien wurde nun eine weitere Frist veröffentlicht, die es Produktherstellern ermöglicht, weiterhin ihre CE-gekennzeichneten Produkte im Vereinigten Königreich auf den Markt zu bringen. Sie soll Herstellern noch Zeit geben, sich auf die neuen Anforderungen einzustellen und wurde mit 31.12.2021 festgelegt.
Das Recht zur übergangsmäßigen CE-Kennzeichnung beim Inverkehrbringen von Produkten auf dem UK-Markt ist jedoch an die folgenden Bedingungen geknüpft:
- CE-Kennzeichnung der Produkte auf Basis der Selbsterklärung
- Konformitätsbewertung wurde durch eine benannte Stelle in der EU (oder außerhalb der EU, wenn es entsprechende Abkommen zur Anerkennung gibt)
- Konformitätsbewertung durch eine britische benannte Stelle wurde bereits an eine in der EU anerkannten Stelle übertragen
Das bedeutet, dass Produkte zwar weiterhin mit CE-Kennzeichnung am britischen Markt in Verkehr gebracht werden dürfen und die CE-Kennzeichnung noch anerkannt wird, jedoch nur, wenn diese auch den britischen (Rechts-)Anforderungen entsprechen. Daher ist es für Produkthersteller immens wichtig, sich rasch mit diesen Bestimmungen vertraut zu machen, denn diese gelten ab dem 1. Jänner 2021.
Ab dem 1. Jänner 2021 gilt im Vereinigten Königreich die Pflicht zur UKCA-Kennzeichnung. Diese entspringt ziemlich genau den Anforderungen zur CE-Kennzeichnung und umfasst die meisten auch bereits jetzt schon CE-kennzeichnungspflichtigen Produkte. Vor allem die sogenannten „New Approach Produkte“, die nach dem Neuen Rechtsrahmen (New Legislative Framework, Anm.) in Verkehr gebracht werden, sind hiervon erfasst.
Die britische Regierung weist jedoch darauf hin, dass Hersteller versuchen sollten, möglichst schnell in der Lage zu sein, ihre Produkte mit der britischen UKCA-Kennzeichnung zu versehen.
Jedoch gibt es auch hier Ausnahmen und spezielle Richtlinien für sogenannte „Old Approach Produkte“ und Produkte, die nur über nationale Vorschriften erfasst werden (non-harmonized products), wie:
- Chemikalien
- Arzneimittel und Gesundheitsprodukte
- Fahrzeuge
- Luft- und Raumfahrt
- Medizinprodukte
- Bauprodukte
- Sprengstoffe
- Bahnanwendungen
- nicht-harmonisierte Produkte oder Produkte die von nationalen Vorschriften erfasst werden
Wie bereits am EU-Markt Vorschrift, müssen nach dem BREXIT die britischen Produktsicherheitsgesetze eingehalten werden.
Die sofortige Verpflichtung ab dem 1. Jänner 2021 ausschließlich die UKCA-Kennzeichnung zu verwenden, trifft für jene Hersteller von Produkten auf, welche alle der folgenden Kriterien zutreffen:
- Das Produkt ist von gesetzlichen Vorschriften erfasst, die die UKCA-Kennzeichnung fordern;
- Das Produkt muss einem Konformitätsbewertungsverfahren durch Dritte unterzogen werden;
- Das Produkt wurde durch eine britische benannte Stelle bewertet, jedoch wurden die Unterlagen zur Konformitätsprüfung noch nicht an eine in der EU anerkannten benannten Stelle übertragen.
Die übergangsweise Anerkennung der CE-Kennzeichnung im Zeitraum 01.01.2021 bis 31.12.2021 gilt zudem nur, wenn die rechtlichen Bestimmungen für die jeweiligen CE-kennzeichnungspflichtigen Produkte in beiden Märkten ident sind. Dies ist bisher auch der Fall, jedoch ist Vorsicht geboten. Ändert die EU Richtlinien oder Verordnungen von kennzeichnungspflichtigen Produkten, können diese von UK-Richtlinien abweichen, womit die Anerkennung der CE-Kennzeichnung im Übergangszeitraum entfällt. Daher sind Hersteller aufgefordert, rasch hinsichtlich der UKCA-Kennzeichnung firm zu sein.
HINWEIS
Die UKCA-Kennzeichnung ersetzt nicht die CE-Kennzeichnung und wird im Markt der EU oder Nordirland nicht anerkannt. Diese gilt ausschließlich am britischen Markt, welcher die Gebiete England, Wales und Schottland umfasst. Produkte können jedoch beide Kennzeichnungen führen, wenn diese den Anforderungen beider Märkte entsprechen.
Eine von Großbritannien veröffentlichte Gegenüberstellung für einige Produktbereiche der EU- und UK-Gesetzgebung soll den Abgleich der Anforderungen erleichtern.
Produkte für Nordirland müssen künftig mit der CE-Kennzeichnung oder der UK(NI)-Kennzeichnung versehen sein. Diese Kennzeichnung unterliegt dem Nordirland Protokoll (Northern Ireland Protocol ‘the Protocol’, anm.). Hierfür wurden spezifische Leitfäden herausgegeben.
Ebenso gilt es zu beachten, dass benannte Bevollmächtigte der EU ab dem 1. Jänner 2021 nicht länger im Vereinigten Königreich anerkannt sind und ein Bevollmächtigter mit Sitz im UK erforderlich ist. Dies gilt ebenso in umgekehrter Richtung (und auch für Nordirland), für Bevollmächtigte mit derzeitigem Sitz im Vereinigten Königreich. Je nachdem in welchen Markt Hersteller ihre Produkte in Verkehr bringen wollen, benötigen diese Bevollmächtigte im UK, der EU, dem EWR oder in Nordirland.
Britische Produkthersteller, deren Waren ohne Importeur oder Fulfilment-Dienstleister (Direkthandel mit Endverbraucher oder Online-Handel) vertrieben werden, benötigen ab dem 16. Juli 2021 einen Bevollmächtigten mit Sitz in der EU oder im EWR.
Händler mit Sitz in der EU werden mit dem 1. Jänner 2021 zum Importeur. Dies gilt auch umgekehrt.
Dieser muss sicherstellen, dass die Vorgaben zum Inverkehrbringen im jeweiligen Zielmarkt (EU, UK, Nordirland) eingehalten werden. Fulfillment-Dienstleister mit Sitz in der EU müssen ab dem 16. Juli 2021 all jene Informationen im Rahmen des Inverkehrbringens bereitstellen, die die Übereinstimmung der Produkte mit den geltenden Vorschriften bestätigt. Produkte müssen dazu auch die nötigen Kennzeichnungen aufweisen. Allenfalls kann diese Aufgabe auch an Bevollmächtigte übertragen werden.
Vollständig hergestellte und bereits gekennzeichnete Produkte können ob der aktuellen Anforderungen ohne weitere Änderungen auch nach dem 1. Jänner 2021 am britischen Markt in Verkehr gebracht werden.
Für Konformitätsbewertungsstellen wurden zudem weitere Leitlinien am 1. September 2020 veröffentlicht. Derzeit arbeitet die britische Regierung zudem daran, eine lokale Datenbank analog zur NANDO-Datenbank aufzubauen. Benannte Stellen werden von den Regierungen angehalten, auch nach dem 1. Jänner 2021 gegenseitig Informationen über Konformitätsbewertungsprüfungen im Bedarfsfall auszutauschen.
HINWEIS
Benannte Stellen mit Sitz im Vereinigten Königreich werden auch nach dem 1. Jänner 2021 als solche in Nordirland anerkannt.
Somit bleibt auch im Bereich der Technischen Dokumentation wie bereits berichtet weitestgehend alles im gewohnten Rahmen. Jedoch kann sich das rasch ändern, weshalb es wichtig ist, dass man die rechtlichen (und normativen) Entwicklungen der Zielmärkte kennt und beobachtet.
(Quelle: gov.uk)